Getreu dem Motto der Einrichtung „Stark im Miteinander - mitmachen, mitgestalten, miterleben…bunt, kreativ, echt, offen“ fand am Donnerstag, dem 28.03.2024, im offenen Treff des VG-Jugendbahnhofes die Veranstaltung „Demokratie kunterbunt - ein Demokratiespiel“ statt.
Entwickelt wurde das interaktive Spiel für Kinder und Jugendliche zu Vielfalt, Meinungsfreiheit, Kinder- und Menschenrechten von der Jugendpflege der Verbandsgemeinde in Zusammenarbeit mit Michaela Weiß vom Medien-Leuchtturm, denn das Konzept beinhaltet auch wichtige medienpädagogische Ansätze und Aspekte. Passend zum „Demokratiesommer“ der VG Bad Marienberg, ging „Demokratie kunterbunt“ zum Gründonnerstag in den Osterferien an den Start.
Das offene Angebot, für alle die Lust auf Meinungsfreiheit, Toleranz und ein lebendiges, kreatives Miteinander statt Angst, Hass und Hetze haben, wie es in der Einladung zu lesen stand, gab den Spieler:innen an 6 aufeinander aufbauenden Stationen Impulse, sich aktiv mit dem Thema Demokratie auseinanderzusetzen. Es führte unabhängig vom Wissensstand ans Thema heran, indem es die Lebensbereiche der jungen Menschen einbezog. Darauf aufbauend gelang es gemeinsam mit ihnen zu klären, was sich hinter dem Wort „Demokratie“ verbirgt und was es mit ihrem Leben, und dem was für sie in diesem wichtig ist, zu tun hat.
An der Einstiegsstation „Meine Rechte …als Kind“ war es ein „Glücksrad“ das dazu einlud, sich mit den Kinderrechten auseinander zu setzen. Je nachdem welche Zahl nach dem Drehen anzeigt wurde, wurde ein Recht benannt. „Ist dies ein wirklich als Kinderrecht verankertes Recht?“, war die Frage, die es nun zu beantworten galt. Meist waren die Antworten der Jugendlichen sehr skeptisch. Und selbst die manifestierten Kinderrechte wurden als „ausgedacht“ eingestuft. Hier wurde sehr schnell klar, dass auch für die jungen Menschen die Kinderrechte, obwohl sie hierzulande aufwachsen, oft nicht klar zu benennen sind und viele kein Wissen darüber haben, oder sie ihnen aufgrund ihrer Herkunft und familiärer Erlebnisse eher fragwürdig erscheinen.
Die spannendste Diskussion handelte vom „Respekt“, den sich die Erwachsenen durch Schläge verschaffen müssen, weil Kinder ja nicht gehorchen würden, so der Einwurf einiger Mitspieler. Auf Nachfrage der Jugendpflegerin Elke Keller: „Ist es Respekt, den ihr so vor den Erwachsenen habt, oder ist es Angst?“, war schnell geklärt, dass es Angst vor Strafe und kein wirkliches Einsehen ist, dem dann auch Verantwortungsübernahme für das eigene Handeln folgen kann, statt die Dinge heimlich zu tun, in der Hoffnung nicht erwischt zu werden. Ganz schnell ging es dann auch ins Thema, woher diese Rechte kommen, warum es sie weltweit gibt und wie sehr es vom jeweiligen Land und damit dessen politischer, wie kultureller Ausrichtung und seiner demokratischen Entwicklung abhängt, ob sie beachtet werden oder nicht. Für die Kinder dieser Welt also ein „Glücksrad“, ob sie in einem Land und in einer Familie aufwachsen in denen ihnen Respekt entgegengebracht wird, den sie dann, weil durch ihr eigenes Erleben geprägt, auch anderen entgegen bringen können.
An der Station „Meine Möglichkeiten …zu kontern“ lagen iPads mit der App „KonterBUNT“* bereit (www.konterbunt.de). Sie gibt jungen Menschen eine Auswahl von Möglichkeiten an die Hand, wie sie auf Stammtischparolen reagieren bzw. kontern können. Im Austausch miteinander, welche Antwort zum Kontern die bessere ist, der durch die Berufspraktikantin Ariane Appenzeller, die die Station betreute angeregt wurde, führten einige Jugendliche einzelne Stationen im Minispiel durch, andere spielten sich durch alle 6 verschiedenen „Orte“ und bewiesen, somit nicht nur Durchhaltevermögen, sondern auch viel Interesse am Thema.
An der Station „Meine Meinung …Fakten und Meinung“ erwartete die Jugendlichen zur Einführung ins Thema ein Plakat mit einer Grafik (aus den Materialen von Klicksafe „Ethik macht klick“), auf der nicht eindeutig zu erkennen war, was dargestellt ist. So sahen die einen Hasen, andere eine Ente und wieder andere etwas ganz anderes. Es wurde viel diskutiert und jeder konnte seine Meinung kundtun. Was also ist der Unterschied zwischen Fakt und Meinung? Bei dieser Frage half den Jugendlichen eine Beispieltabelle, vorgestellt von Michaela Weiß, die beides sehr klar erläuterte. Danach waren die Jugendlichen gefordert ein eigenes Beispiel für „Fakt“ und ein Beispiel für „Meinung“ zu benennen.
An der Station „Mein Wissen – was ist Demokratie?“ kam der Erklärfilm des Deutschen Bundestages „Die Demokratie“ zum Einsatz. Das Sofa im PC-Raum lud zum bequemen Schauen des 3minütigen Films ein. Wie funktionieren Wahlen und was hat das mit Demokratie zu tun? Antworten darauf und weitere Informationen wurden den Jugendlichen damit nähergebracht. Interessant war die Aussage, dass Demokratie und Wahlen in der Schule schon mal Thema waren, aber für viele im Alltag ganz „weit weg“ sind und sie nicht (mehr) recht wissen, wie das alles funktioniert.
Danach ging es um die Frage “ Warum ist das Internet / sind Soziale Medien eine Gefahr für die Demokratie?“, welche in längeren Diskussionsrunden endete. Festzuhalten bleibt, dass das Wissen bei Jugendlichen vorhanden ist, dass Manipulation und Meinungsmache durch Algorithmen und gezielte Fake-Nachrichten im Internet „normal“ sind. Ein Informationsblatt aus den Materialien von Klicksafe, woran man Strategien für Fake-Nachrichten erkennt, konnte an der Station mitgenommen werden.
Als weiteres Angebot war an dieser von Michaela Weiß von Medien-Leuchtturm betreuten Station der QR-Code zum Klicksafe Quiz „#FitForDemocracy?“ zum Abscannen und Losquizzen ausgehängt.
An der Station Mein (An-)Teil …am demokratischen WIR! erwartete die Jugendpflegerin Claudia Göhlert die Jugendlichen mit einem besonderen Puzzle. Auf einzelne Puzzleteile konnten sie schreiben was sie persönlich zur Verbesserung des Zusammenlebens beisteuern möchten und können. Dabei stellten sie sich Fragen, wie: „Was sind meine Talente und Eigenschaften, die Miteinander und Gemeinschaft z.B. im Freundeskreis, unterstützen?“ und: „Was ist mir selbst wichtig?“. So konnte jeder das Demokratie-Puzzle durch sein eigenes Zutun weiterwachsen lassen.
Perfekt in Szene gesetzt wurde das unendliche Puzzle mit den persönlichen Botschaften durch 2 große Lichtstrahler, die durch die Ausleuchtung dem ganzen noch eine besondere Bedeutung gaben.
Foto: Claudia Göhlert
Die Jugendlichen konnten begreifbar ihren Anteil, ihre Eigenschaften und die Wichtigkeit Ihres Anteils am „Großen Ganzen“ und damit der Demokratie, als Menschenrechte und Meinungsfreiheit garantierendem Wir, augenscheinlich verstehen. Auch an dieser Station kamen gute Gespräche zustande.
An der letzten Station „Meine Wahl …meine Entscheidung“ hatten alle die Möglichkeit auf bunte Zettel zu schreiben, was sie für ihr Leben wählen und in eine Wahlurne zu werfen. Die Aufgabe lautete: „Was ist für dich wichtig / was möchtest du für die Zukunft „mitnehmen“?“. Auf den „Wahlzetteln“ standen Liebe, Vertrauen, Freundschaft und Familie ganz vorne.
Direkt neben der Wahlurne für die persönliche Wahl der wichtigen Dinge bezüglich des eigenen künftigen Lebens, stand ein Papierkorb auf dem zu lesen stand: „Das wähle ich ab! - Schreibe auf, was dich in unserer Gesellschaft stört und was du „abwählen" möchtest!“ Hier konnten alle Mitspieler:innen aufschreiben, was sie in ihrem Leben nicht mehr haben wollen, dann den Zettel zerknüllen und wegwerfen. Auf den „Abwahlzetteln“ stand zu lesen: Hass, Lügen, Gewalt, Schläge, Vertrauensbruch, Mobbing, falsche Freunde, Geschrei, keine Liebe von den Eltern u.v. Verletzendes und Angstmachendes mehr, das die Jugendlichen beschäftigt. Wenn sie die Wahl hätten, würden sie diese Dinge in ihrer Zukunft nicht mehr erleben wollen.
Foto: Michaela Weiß
Beim gemeinsamen Auswerten und Begutachten der aufgeschriebenen Worte war die Wahrnehmung um das, was es in diesem Spiel geht, nämlich, wie sich respekt- und liebevolles Miteinander gestalten sollte, absolut auf den Punkt gebracht. In den Köpfen und Herzen waren Antworten gefunden auf die Frage: Was ist Demokratie? Für was steht sie? Warum ist sie wichtig? Wovon profitiere ich? Was kann ich zu einem gelingenden Miteinander beitragen? Was sind meine Bedürfnisse diesbezüglich? Wie gehe ich mit den Bedürfnissen anderer um?
Zum Abschluss des Spiels fanden sich die Mitspieler:innen bei „Recht auf Glück, Spaß & Lebensfreude…für ALLE!“ wieder. Hier wurden die Kreide-Spraydosen geschwungen und Friedenstauben, Freundschaftssymbole und viele weitere positive Statements gesprüht. Diese werden unter der Überdachung am historischen Güterschuppen sicherlich noch ein Weilchen dem Regen Stand halten, so dass viele weitere Besucher:innen des Jugendbahnhofes auch in den nächsten Wochen einen Blick auf die Botschaften der jungen Menschen werfen und sich inspirieren lassen können.
Da das Demokratiespiel unmittelbar vor Ostern durchgeführt wurde, wurden die in der Woche in der Einrichtung gefärbten Eier zusammen mit einer tollen Statement-Karte verteilt. Das eigens für die Veranstaltung von Frau Appenzeller fotografierte Motiv zeigte viele geöffnete Ostereier zusammen mit der Aufschrift „Von innen sind wir alle gleich“. Auf der Rückseite der Karte stand als Botschaft an die Jugendlichen zu lesen: „Schön, dass es dich gibt!“.
Foto: Elke Keller
Außerdem lag der Karte noch eine „Liste der persönlichen Rechte“ bei. Diese Rechte sind ein Auszug aus den Materialien der LZG und des Arbeitskreises „Hilfen für Kinder aus suchtbelasteten Familien“ (zu finden unter: https://t1p.de/v37uh) und weisen auf vieles hin, was eigentlich selbstverständlich sein sollte und uns allen ein guter Leitfaden sein kann im Miteinander und zur Stärkung der eigenen Resilienz.
Michaela Weiß, wie das Team des Jugendbahnhofes, das die Stationen betreute empfanden die 2 Stunden als sehr gewinnbringend im Austausch und Miteinander und die Durchführung als Bestätigung, wieviel Sinn es macht Menschen – wie hier kind- und jugendspezifisch - im Spiel mit Bezug auf das eigene Leben, Handeln und Denken aufzuklären. Für die Jugendlichen verbunden mit positiven Emotionen und Wertschätzung ihrer selbst war dies ein Erfolg auf dem Weg der Demokratieförderung. Das JUBA-Team wie auch der Medien-Leuchtturm waren sich einig: „Demokratie beginnt mit jedem Einzelnen, der sich in der Gemeinschaft wohl und gesehen fühlt.“
Mehr Fotos des interaktiven Nachmittages und die Liste der persönlichen Rechte finden sich auf der Homepage des Jugendbahnhofes unter www.jugendbahnhof-bad-marienberg.de
Für alle die Interesse haben das Demokratiespiel gemeinsam mit anderen zu nutzen, um Kinder und Jugendliche an Demokratie heranzuführen, findet sich eine Anleitung zum Spiel auf der Homepage www.medien-leuchtturm.de/demokratiespiel mit der die JUBA Homepage ebenfalls verlinkt ist.
Jugendbahnhof der Verbandsgemeinde Bad Marienberg